Composer in Residence 2025
Portrait & KomponistenbaumVeröffentlicht: 04/11/2024
Fabián Panisello
KünstlerportraitFabián Panisello is Composer in Residence of the Grafenegg Festival 2025. The Argentinian-Spanish composer and conductor is at the cutting edge with his lively, vivid and finely differentiated musical language.
Composer in Residence´s tree
Komponistenbaum Fabián Panisellovon Ewald Baringer
Fabián Panisello has chosen the Madroño tree as his Composer in Residence's tree. In this interview, he reveals why.
Die Botanik kennt insgesamt elf Arten dieses Heidekrautgewächses (sic!), das mit den bekannten Erdbeerpflanzen wenig verbindet. Auch die Bezeichnungen Meerkirsche, Meerfrucht, Sandbeere oder Hagapfel finden sich im Lauf der Geschichte. Werden Erdbeeren kulturgeschichtlich oft mit Lust und Sinnlichkeit assoziiert, schmecken die Früchte des Madroño zwar eher sauer, sind jedoch reich an Vitamin C, Antioxidantien, Kohlehydraten und Ballaststoffen und werden zu Likör, Schnaps und Gelee verarbeitet, in Italien auch zu einer besonderen Spezialität, dem Miele Amaro (bitterer Honig). Erwähnung findet der Arbutus schon bei Vergil in der Äneis und bei Ovid in den Metamorphosen. Insofern ist es wenig erstaunlich, dass der Baum sowohl in der griechischen als auch in der römischen Mythologie mit den jeweiligen Liebesgöttinnen Aphrodite bzw. Venus in Verbindung gebracht wurde.
Der Hinweis Panisellos auf Madrid ist in der Tat wesentlich, zählt doch die 1967 errichtete, vier Meter hohe und 20 Tonnen schwere Bronzestatue «El Oso y el Madroño» (Der Bär und der Erdbeerbaum) des Bildhauers Antonio Navarro Santafé an der Puerta del Sol am Beginn der Calle de Alcalá zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt. Das Motiv geht ins Mittelalter zurück und findet sich sogar im Madrider Stadtwappen (übrigens auch im Wappen der italienischen Provinz Ancona). Die Frage, was es mit dem Bären (der Bärin?) auf sich hat, führt hier wohl zu weit. Die Interpretationen reichen von gesellschaftspolitischen bis zu astronomischen Dimensionen. Spannend ist die etymologische Herkunft des Madroño, über die mehrere Theorien bestehen. Eine bezieht sich auf das Wort «madre» und somit auf den archaischen Erdmutter-Mythos. Auch die Entstehung des Namens von Madrid (immerhin sind die ersten vier Buchstaben identisch) ist nicht eindeutig geklärt, ist aber vermutlich arabischen Ursprungs («Madschrit» bedeutet Flussbett, Bach oder Quelle).
Doch kehren wir zurück zu Panisellos Begründung, warum er diesen Baum als persönlichen Komponistenbaum auserkoren hat, nämlich als Bezug zu Madrid. Die spanische Sieben-Millionen-Metropole ist für den in Buenos Aires geborenen Komponisten und Dirigenten eine sehr kosmopolitische Stadt geworden, deren kulturelles Leben er schätzt, wie er in einem Interview schon vor längerer Zeit geäußert hat, und wo er auch als Professor für Komposition in der von der Fondacion Albeniz gegründeten Escuela Superior de Música Reina Sofía (Madrid) wirkt. Deren bezeichnendes Leitmotiv lautet «Nulla ethica sine aesthetica –Nulla aesthetica sine ethica»: keine Ethik ohne Ästhetik, keine Ästhetik ohne Ethik.
Neue Orchester und Ensembles haben sich in Madrid gebildet, neue Konzerthallen wurden gebaut, und die zeitgenössische Kunst gedeiht in einem inspirierten und inspirierenden Klima. Schon in Argentinien, so Panisello, lebten viele Völker und Religionen friedlich nebeneinander: Juden, Araber, Christen, Deutsche, Spanier, Italiener. Obwohl er seit Jahrzehnten nicht mehr dort lebe, habe ihn diese «hybride Kultur» sehr geprägt. Und Panisello selbst ist international unterwegs, als gefragter Lehrender, als Komponist und Dirigent. Vielleicht darf uns der Erdbeerbaum im Schlosspark mit seinen bittersüßen Früchten künftig auch daran erinnern, dass aus der Offenheit und der Neugier für die Vielfalt des Lebens ein humanes, kreatives und überraschendes Miteinander erwachsen kann.
Ink Still Wet
Closing ConcertTonkunstler Orchestra · Participants of the composer conductor workshop Ink Still Wet · Alexander Moore · Fabián Panisello
PANISELLO / PARTICIPANTS OF THE COMPOSER CONDUCTOR WORKSHOP