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Grafenegg Advent © Beatrice Schreiner

Bachs Hochzeits-Kantate

zum heutigen Weihnachtskonzert

Das heutige Weihnachtskonzert in Grafenegg beginnt mit einer Hochzeits-Kantate von Johann Sebastian Bach: «Weichet nur, betrübte Schatten» beschreibt symbolisch das Werden einer jungen Liebe – vom Winter in den Frühling. Der (unbekannte) Textdichter verwendete dafür das typische Personal des mythischen Arkadien: Flora (eine liebliche Nymphe und ihrerseits Göttin der Blumen), Phoebus (das ist Apollo, der Gott des Lichts, der Künste und der Weissagung) und Amor (der Gott der Liebe) tummeln sich in der lustvollen Welt aus Neckereien und sinnlichen Freuden. Diese zur damaligen Zeit beliebte Szenerie setzte Bach in eine Klangwelt, die weit über das übliche Kantatenrepertoire hinausweist, mit der konzertierenden Solo-Oboe, der Solo-Violine und – je nach Aufteilung des Continuo-Parts – mit Solo-Fagott entführt uns Bach in eine ungewöhnlich expressive, vielfältige, reizvolle Klangwelt. 

Johann Sebastian Bach (1685 – 1750)

«Weichet nur, betrübte Schatten»

Kantate für Sopran, Oboe, Streicher und Basso continuo BWV 202

1. ARIA

Weichet nur, betrübte Schatten,
Frost und Winde, geht zur Ruh!
Florens Lust
Will der Brust
Nichts als frohes Glück verstatten,
Denn sie träget Blumen zu.

2. RECITATIVO

Die Welt wird wieder neu,
Auf Bergen und in Gründen
Will sich die Anmut doppelt schön verbinden,
Der Tag ist von der Kälte frei.

3. ARIA

Phoebus eilt mit schnellen Pferden
Durch die neugeborne Welt.
Ja, weil sie ihm wohlgefällt,
Will er selbst ein Buhler werden.

4. RECITATIVO

Drum sucht auch Amor sein Vergnügen,
Wenn Purpur in den Wiesen lacht,
Wenn Florens Pracht sich herrlich macht,
Und wenn in seinem Reich,
Den schönen Blumen gleich,
Auch Herzen feurig siegen.

5. ARIA

Wenn die Frühlingslüfte streichen
Und durch bunte Felder wehn,
Pflegt auch Amor auszuschleichen,
Um nach seinem Schmuck zu sehn,
Welcher, glaubt man, dieser ist,
Dass ein Herz das andre küsst.

6. RECITATIVO

Und dieses ist das Glücke,
Dass durch ein hohes Gunstgeschicke
Zwei Seelen einen Schmuck erlanget,
An dem viel Heil und Segen pranget.

7. ARIA

Sich üben im Lieben,
In Scherzen sich herzen
Ist besser als Florens vergängliche Lust.
Hier quellen die Wellen,
Hier lachen und wachen
Die siegenden Palmen auf Lippen und Brust.

8. RECITATIVO

So sei das Band der keuschen Liebe,
Verlobte Zwei,
Vom Unbestand des Wechsels frei!
Kein jäher Fall
Noch Donnerknall
Erschrecke die verliebten Triebe!

9. GAVOTTE

Sehet in Zufriedenheit
Tausend helle Wohlfahrtstage,
Dass bald bei der Folgezeit
Eure Liebe Blumen trage!

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