Podiumsdiskussion / Academy 2024
Kulturlandschaft & potenzielle Karrierewege für junge Musiker:innenVeröffentlicht: 18/10/2024
Am 18. Juli 2024 veranstaltete die Grafenegg Academy eine Podiumsdiskussion für die Musiker:innen der Grafenegg Academy sowie für die Musiker:innen des European Union Youth Orchestra (EUYO). Drei Branchenexpert:innen diskutierten etwa zwei Stunden lang mit Alexander Moore, der die Veranstaltung moderierte und dem Publikum über das oben genannte Thema.
Die Diskussionsteilnehmer:innen konzentrierten sich darauf, Einblicke für junge Musiker:innen zu geben, die sich in der Musikindustrie orientieren. Zum Panel gehörten Simone Bamberg (Geschäftsführerin der Grafenegg Kulturbetriebsgesellschaft), Marshall Marcus (Executive & Artistic Director des EUYO, Gründer und Präsident von Sistema Europe) und Andreas Vierziger (Consultant und Musik-Kurator).
Was genau ist eine «Karriere»?
Zunächst ist es wichtig, den Druck von diesem Begriff zu nehmen und klarzustellen: Im Hinblick auf Karriere und Entwicklung gibt es kein allgemeingültiges Rezept; Karrierewege hängen von individuellen Zielen ab, wobei Netzwerken und Marktkenntnis mitunter entscheidend sind.
Nachwuchsmusiker:innen sollten bereits während ihrer Ausbildung beginnen, Aspekte ihrer beruflichen Zukunft zu berücksichtigen, um sich verschiedene Möglichkeiten zu eröffnen. Das Konzept der Portfolio-Karriere, das eine Vielzahl von (künstlerischen) Aktivitäten umfasst, wird immer gängiger. Soloauftritte, kammermusikalische Engagements oder Engagements in größeren Ensembles, (Teilzeit-)Positionen in Orchestern, Unterrichtstätigkeit, eigene Projekte und vermehrt – eine Kombination all dessen – sind Merkmale dieses Karrierewegs.
Junge Musiker:innen wird geraten, ein starkes Netzwerk aufzubauen, ihren Karriereweg zu visualisieren und aktiv darauf hinzuarbeiten, während sie wach bleiben und ihre Ziele nach Bedarf anpassen. Wollen sie angestellt sein oder freiberuflich arbeiten? Bevorzugen sie Stabilität, Flexibilität oder eine Mischung aus beidem?
Trends & Herausforderungen
in der KulturbrancheIn der aktuellen Kulturlandschaft sieht man Trends und Herausforderungen wie Gleichstellung, Inklusion, Nachhaltigkeit, Künstliche Intelligenz und interdisziplinäre Zusammenarbeit sowie Möglichkeiten für neue Konzertformate.
Die Branche hat sich im Laufe des letzten Jahrzehnts verändert und von aufstrebenden Künstler:innen wird nun mitunter erwartet, dass sie mehr Verantwortung für die Verbindung zu ihrem Publikum übernehmen.
Social Media
Soziale Medien und digitale Plattformen sind entscheidend für die allgemeine Sichtbarkeit. Im Hinblick auf die Reichweite ist jedoch eine Unterscheidung zwischen Branchenfachleuten und Publikum als Zielgruppen erforderlich.
Soziale Medien eignen sich gut, um die Öffentlichkeit zu erreichen, Sichtbarkeit zu erzeugen und mit verschiedenen Publikumsschichten zu interagieren. Branchenfachleute sollten jedoch direkt kontaktiert werden, anstatt darauf zu hoffen, dass sie die Beiträge der Künstler:innen oder Ensembles zufällig in den sozialen Medien entdecken.
Werte
Individualität und Einzigartigkeit sind in der aktuellen Branche sehr gefragt, welche hauptsächlich Musiker:innen sucht, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen und an ihre einzigartige Botschaft glauben.
Es ist daher von entscheidender Bedeutung, klar zu definieren, wofür man als Musiker:in steht, welche Werte man vertritt und was einen als Künstler:in ausmacht – und dies überzeugend zu vermitteln.
Finanzmanagement
Effektives Finanzmanegement umfasst das Verständnis des Wertes von Projekten in Bezug auf Geld, Freude und Prestige, außerdem die persönliche Gewichtung zwischen Stabilität und Flexibilität sowie die Diversifizierung verschiedener Einkommensquellen.
Diese Einnahmequellen können aus Auftritten (als Freiberufler:in oder Angestellte:r), Unterricht, administrativen Rollen, Tantiemen (auch wenn diese in vielen Fällen oft minimal sind), Stipendien, Förderungen und anderen finanziellen Unterstützungssystemen stammen. Junge Musiker:innen sollten sich mit fairen Honoraren und Mindesthonoraren für Musiker :innen vertraut machen, wie sie beispielsweise von Fair Pay in Österreich bereitgestellt werden.
Gesundheit
Gesundheit, psychische Gesundheit und Wohlbefinden sind wichtige Überlegungen, einschließlich des Umgangs mit beruflichem Druck. Es ist auch wichtig, diese Themen frühzeitig und proaktiv anzugehen, um Schwierigkeiten zu vermeiden, anstatt auf sie zu reagieren, nachdem sie bereits aufgetreten sind.
Obwohl viele Institutionen, wie verschiedene Universitäten aber auch das EUYO, spezifische Angebote für diese Aspekte haben, hat die gesamte Branche noch viel Arbeit vor sich, um hier das Bewusstsein zu schärfen.
Technologie
Technologie hat einen erheblichen Einfluss auf die Musikproduktion und -verbreitung, wobei Streaming den Musikmarkt dominiert und das Selbstveröffentlichen von Aufnahmen wesentlich einfacher wird. In Zukunft wird KI die Musikindustrie noch mehr beeinflussen und Werkzeuge für beispielsweise Aufnahmeabmischung, Komposition und das Management von sozialen Medien bieten.
Ein Blick in die Zukunft
Was den künstlerischen Bereich betrifft, werden neue Formate, Interdisziplinarität, Technologieintegration, Community-Bildung, Nachhaltigkeit, Inklusion und umweltfreundliche Konzertpräsentation zukünftige Konzertveranstaltungen prägen.
Besonders wichtig ist es, denn hervorzuheben, dass Live-Events nach wie vor von großer Bedeutung sind und dies in naher Zukunft auch bleiben werden.